( Seite noch im Aufbau : Bei den Auszügen aus den Lektionen 20 und 45 müssen die Vokabeln noch in einer zweiten Spalte neben den Text positioniert werden, bei 37 gilt dasselbe für die deutsche Übersetzung.)
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LATEIN OHNE UMWEGE
‒ macht Sie – ohne Umwege über künstliches Schulbuchlatein – durch Originaltexte mit römischem Leben und Denken bekannt,
‒ fördert Ihre Einsicht darein, wie Sprache funktioniert, und Ihre Fähigkeit, Texte zu verstehen, zu interpretieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen,
‒ verbessert Ihre Kompetenz im Übersetzen von Texten,
‒ verhilft Ihnen zu Einsichten und Fähigkeiten, die Ihnen auch bei der Lektüre von deutschen oder z.B. englischen oder französischen Texten sowie bei der Abfassung eigener Texte nützlich sind.
Inhalt des Lehrbuchs
Übersicht über die Lektionen: Texte, Inhalte, Themen, Lernpensa 7
Lektionen 1 – 46 11
Raum für eigene Notizen der Lernenden zu ihrem Lernprozess 188
Noten zum Singen oder Spielen 190
Die originalen Lektionstexte ohne Kommentierung 192
Und wie könnte es weitergehen? Zum Beispiel mit Szenen aus der Komödie Adelphoe (Die Brüder) von Terenz (um 195/90 – 159 v. Chr.)? 215
Anregungen zum Nachdenken für Neueinsteiger oder Wiederholer 221
Anregung 1 – “Empfangsstörung”
Anregung 2 – “Vokabeln, ein Problem!” – “Wieso?”
Anregung 3 – “Deklinations-Endungen? Für mich klingen alle gleich!”
Anregung 4 – “Ein Test? – Auch das noch!”
Anregung 5 – “Und wenn ich alle Übungen schon einmal gemacht habe?”
Anregung 6 – “Und wie lernt man Grammatik?”
Anregung 7 – “Und wenn ich überhaupt keine Fortschritte sehe?”
Anregung 8 – “Suchen oder ‘selektives Lesen`”
Anregung 9 – “Und wenn es gar nicht geht?”
Sie wollen lieber klare Ansagen statt Anregungen? Dann lesen Sie hier: 226
Anmerkungen zur Aussprache des Lateinischen 227
Gedachte Adressaten – Zielgruppe 228
Erläuterungen zur Konzeption von LATEIN OHNE UMWEGE 228
Bestandteile 229
Verzeichnis der verwendeten lateinischen Autoren 230
Liste der Lernpensa mit den dazu passenden Übungen 231
Wörterliste 234
Aus Lektion 1
Zwischenmenschliche Beziehungen
An den Saturnalien, einer Art von römischem Karneval, vertreibt sich eine vornehme römische Männergesellschaft die Zeit damit, an überlieferte geistreiche Bemerkungen früherer Politiker zu erinnern. Cicero (106-43 vor Chr.) zum Beispiel habe sich gelegentlich durch beißenden Spott ausgezeichnet; dadurch habe er in einigen Prozessen als Verteidiger Freisprüche erwirkt; von seinen Feinden aber sei er als scurra cōnsulāris (Spaßmacher-Konsul, Witzkonsul) bezeichnet worden.
Lesen Sie zwei Beispiele für Ciceros beißenden Spott (Quelle: Macrobius sat. 2,2,3f).
Damit Sie sich die Texte erschließen können, sind unter die lateinischen Wörter entsprechende deutsche geschrieben. Dabei ist die Information, die in der Endung des lateinischen Wortes enthalten ist, im Deutschen mit Strich oder in Klammern als eigenes Wort angehängt.
Versuchen Sie, den Sinn jedes Satzes zu erfassen und auf Deutsch auszudrücken. Im Moment geht es nur um den Inhalt; die Grammatik kommt in kleinen Portionen anschließend.
Wenn es möglich ist, arbeiten Sie mit einem Partner zusammen: Im Dialog kommen Sie am schnellsten zu einleuchtenden Ergebnissen. Notfalls schauen Sie im Lösungsschlüssel nach.
Text 1a) Zwei geistreiche (?) Witze
1)
cum Lentulum, generum suum, exiguae statūrae hominem,
Als Lentulus_den, Schwiegersohn_den seinen, sehr kleiner_von Statur_von Menschen_einen
longō gladiō accīnctum vīdisset, „quis“, inquit,
langem_mit Schwert_mit umgürteten_einen gesehen_ hatte_er , “Wer”, sagte er,
„generum meum ad gladium alligāvit?“
„Schwiegersohn_den meinen an Schwert_das gebunden_hat(_er)?“
2) Ciceros Bruder Quintus war von kleiner Statur – staturae parvae erat. Für die Verwaltung einer Provinz hatten ihm die Provinzbewohner, um ihn zu ehren, eine gewaltig große Büste aufgestellt. Als Cicero diese sah, sagte er zu seinen Begleitern (Macrobius sat. 2,2,4):
“frāter meus dīmidius māior est quam tōtus.”
Bruder mein halb größer ist(_er) als ganz.
sapere audē 1a
Beantworten Sie die folgenden Fragen zu Text 1a1):
1) „quis generum meum ad gladium alligāvit?“ Was beabsichtigt Cicero mit dieser Frage, die ja in Wirklichkeit gar keine echte Frage ist?
2) Woran können Sie erkennen, dass bei einer Verbform ‘er’ als Subjekt gemeint ist? Anders gefragt: Wie lautet im Lateinischen das Kennzeichen für die 3. Person Singular im Aktiv? (Dieses Kennzeichen nennt man ‘Personalendung’.)
3) Vergleichen Sie Ihre Antworten mit den im Lösungsschlüssel vorgeschlagenen.
sapere audē 1b (Hier geht es darum, genau hinzusehen und den Verstand zu gebrauchen.)
Übersetzen Sie durch Vergleichen und sinnvolles Raten: a) Suchen Sie zuerst auf der Seite 11 nach ähnlichen oder gleichen Formulierungen. b) Übersetzen Sie dann die folgenden vier Sätze.
1) Lentulus erat homō exiguae statūrae. 2) Lentulus erat gener Cicerōnis. 3) gladius longus erat. 4) nēmō (niemand) Cicerōnis generum ad gladium alligāvit.
Vergleichen Sie jetzt bitte Ihre Lösungen mit den im Lösungsschlüssel vorgeschlagenen.
Aus Lektion 15
Weisheiten – Lebensklugheit (II)
Wortbedeutungen in Klammern beziehen sich auf die lateinische Grundform (Lernvokabelform). Eine Klammer hinter einer Verbform weist darauf hin, dass die Personalendung nicht mit übersetzt ist. – Vorausgesetzte Lernvokabeln: 1-13, Formen: Personalendungen im Aktiv und Passiv, dazu Imperfekt, Perfekt und Plusquamperfekt, Infinitiv Perfekt Aktiv und Passiv, Deklination der Substantive und Adjektive (außer e- und u-Deklination).
a) īrācundiam quī vincit, hostem superat māximum. (Pūblilius Syrus I 22)
….(Jähzorn) (besiegen), (überwinden) (größter)
b) lēx videt īrātum, īrātus lēgem nōn videt. (P.S. L 13)
….Gesetz (sehen) (erzürnt)
c) sē damnat iūdex, innocentem quī opprimit. (P.S. S 31)
……. .(verurteilen) Richter unschuldigen_den (unterdrücken)
d) ubi omnēs peccant, pars querēlae tollitur. (P.S. V 27)
……………… ..(sündigen) (Klage) aufgehoben_wird ( )
e) impūne peccēs in eum, quī peccat prior. (P.S. I 13)
…..straflos sündigst_wohl( ) gegen den, der früher
sündigt_man
f) malefacere quī vult, numquam nōn causam invenit. (P.S. M 28)
….Übles_tun will( ) (Grund) (finden)
g) absentem laedit, cum ēbriō quī lītigat. (P.S. A 12)
…(abwesend) (verletzen) mit (betrunken) (streiten)
h) manus manum lavat. Eine Hand wäscht die andere.
sapere audē 15
Übersetzen Sie durch Kombinieren und Vergleichen. Denken Sie an die drei Schritte:
1. Erster Verstehensversuch mit bewusster Anwendung der Kenntnisse (Kombinieren),
2. Textparallelen finden (Vergleichen/Kontrollieren),
3. Angemessene deutsche Formulierung (Übersetzen).
1) Paulus est īrātus. 2) Paulus lēgem nōn videt; lēgem laedit. 3) lēx Paulum, quī īrātus est, videt. 4) Paulus, quia īrātus est, lēgem nōn videt. 5) īrātī lēgem nōn vident. 6) lēx omnēs videt. 7) lēx numquam īrāta est. 8) hostis malefacere vult. causam quaerit. 9) hostēs, quia malefacere volunt, causam quaerunt. 10) vir ēbrius est. quī ēbrius est, absēns esse vidētur: vir absēns esse vidētur. 11) uxor sōbria est. uxor, quia sōbria est, absēns esse nōn vidētur. 12) Gāius mihi beneficium dedit. Gāius dīcit mihi beneficium sē dedisse: beneficium ā mē petere vidētur. 13) dīcis beneficium tē dedisse amīcō. – beneficium ab amīcō petere vidēris; quī enim beneficium sē dedisse dīcit, petere vidētur.
Lesen Sie doch mal die ‘Anregung 7′ auf Seite 224.
Anregungen zum Nachdenken für Neueinsteiger oder Wiederholer
Wie versteht man? Wie lernt man? Es gibt keinen “Nürnberger Trichter”; es gibt auch keine wissenschaftlich anerkannten Lehr- und Lernverfahren, die jedem Menschen gleich gut helfen; denn jeder hat seine eigene Welt im Kopf und seine eigenen Lernerfahrungen. Daher ist es für Sie vorteilhaft, eigene Regeln und Verfahren zu finden, durch die Sie Ihr Lernen besser organisieren können. Wenn Ihnen dies gelingt, werden Sie mehr Freude und mehr Erfolg haben, weil Sie effizienter lernen werden. Es wäre zwar einfach, klare Rezepte zu geben, aber wie bei einem Kochrezept hätte davon nicht jeder etwas. Die folgenden Gespräche möchten Ihnen Denkanstöße geben.
Diese Anregungen lesen Sie am besten – wie ein Kochbuch – nicht auf einen Sitz. Lassen Sie sich Zeit zum Nachdenken.
Anregung 7 “Und wenn ich überhaupt keine Fortschritte sehe?”
E: Ich komme überhaupt nicht zurecht. Das ist vielleicht deprimierend!
F: Das ist allerdings schlimm, wenn man überhaupt keine Fortschritte sieht.
E: Überhaupt keine – das ist etwas übertrieben, aber viel zu langsam!
F: Vielleicht solltest du dich selbst mehr anerkennen und dich selbst loben: Jeder kleine Schritt vorwärts ist doch ein Erfolg, über den du dich freuen kannst.
E: Ne, so anspruchslos bin ich nicht.
**********************
F: Hallo! Heute strahlst du ja, als ob du im Lotto gewonnen hättest.
E: Das nun ja nicht. Aber ich hab’ eben getankt. Und gerade, als ich kam, wurde das Benzin zwei Cent billiger. Das ist doch was!
Aus Lektion 20
Romulus und Remus
Vorausgesetzte Lernvokabeln: 1-19. Formen: wie bei Lektion 19, außerdem ille und iste, Partizipien.
a) 1) Einzelsätze zu Eutrop (um 370; er schrieb auf Veranlassung des Kaisers Valens eine kurzgefasste Römische Geschichte:) breviārium ab urbe conditā, I 1,1-2,1
1) Rōmānum imperium ā Rōmulō exōrdium habet. 2) Rōmulus fīlius Reae Silviae fuit. 3) Remus quoque Reae Silviae fīlius fuit. 4) Rea Silvia Vestālis virgō fuit. 5) Rōmulus et Remus ūnō partū ēditī sunt. 6) Rōmulus et Remus frātrēs fuērunt. 7) quis pater Rōmulī et Remī fuit? 8) Mārs, deus bellōrum, pater frātrum fuit. 9) multī hominēs putāvērunt Mārtem patrem Rōmulī et Remī esse. 10) nōn omnēs hominēs putāvērunt Mārtem patrem Rōmulī et Remī esse. 11) frātrēs diū inter pāstōrēs latrocinābantur. 12) Rōmulus decem et octō annōs nātus urbem in Palātīnō monte cōnstituit. 13) urbs exigua fuit. 14) conditam cīvitātem ex nōmine suō Rōmam vocāvit. 15)posteā haec ferē ēgit: multōs fīnitimōs in cīvitātem recēpit. 16) centum virōs lēgit. 17) hī senēs erant. 18) Rōmulus omnia cōnsiliō hōrum senum agere volēbat. 19) centum virōs ex seniōribus lēgit, ut eōrum cōnsiliō omnia ageret. 20) propter senectūtem senātōrēs nōminātī sunt.exōrdium Anfang, Ursprung; habeō (2.) haben;
quoque auch;
Vestālis Vestalin; vestalisch; virgō, ginis Jungfrau;
ūnus ein; partus, ūs m. Geburt; ēditus geboren;
frāter, frātris Bruder; deus bellōrum Kriegsgott;
multī viele;
diū lange; pāstor, pāstōris Hirte; latrocinor (1.) als Straßenräuber leben;
decem et octō annōs nātus 18 Jahre alt; mōns, montis m. Berg; cōnstituō (3.) errichten; exiguus sehr klein; condō (3.) gründen; nōmen, inis n. Name; posteā später; haec ferē etwa dies; agō (3.) tun; multī viele; fīnitimus Nachbar; recipiō (3.) aufnehmen; centum 100; legō (3.) (hier:) auswählen; hī diese; senex, senis Greis; omnia alles; cōnsiliō hōrum nach dem Rat dieser; agō (3.) tun;
eōrum deren; propter wegen; senectūs, tūtis hohes Alter; nōminō (1.) nennen
a) 2) Textpuzzle: Der folgende Originaltext von Eutrop ist in 10 Einzelbestandteile zerlegt. Schreiben Sie die Fragmente auf 10 Papierstreifen und bringen Sie diese in die richtige Reihenfolge, um das Original wiederherzustellen:
1) centum ex seniōribus lēgit,
2) conditā cīvitāte, quam ex nōmine suō Rōmam vocāvit,
3) haec ferē ēgit: multitūdinem fīnitimōrum in cīvitātem recēpit
4) is, cum inter pāstōrēs latrocinārētur,
5) decem et octō annōs nātus
6) quī Reae Silviae, Vestālis virginis, fīlius et, quantum putātus est, Mārtis, cum Remō frātre ūnō partū ēditus est.
7) quōrum cōnsiliō omnia ageret,
8) quōs senātōrēs nōmināvit propter senectūtem.
9) Rōmānum imperium (…) ā Rōmulō exōrdium habet,
10) urbem exiguam in Palātīnō monte cōnstituit (…)
Aus Lektion 22
sapere audē 22d
Wie besonders die Texte 20a, b, c, 21a und 22c zeigen, hatten die Menschen der griechisch-römischen Antike völlig andere Möglichkeiten als der profane Mensch des 20. Jahrhunderts, wenn es darum ging, eine Erklärung dafür zu finden, dass manche Menschen imstande sind, Ungewöhnliches zu leisten (Schon die alte Babylonier waren der Meinung, Städtegründer seien Söhne von Göttern).
Was wir bei der Lektüre eines antiken Textes denken und fühlen, dürfte daher oft etwas ganz anderes sein als das, was der antike Autor gemeint hat und was er seinen Zeitgenossen hat vermitteln wollen. Dass auch Texte, die ‘zeitlos richtige’ Aussagen machen, der Interpretation durch den modernen Leser bedürfen, haben wir schon bei dem Cicero-Text über die Gründung Roms sehen können (vgl. SPIELEN SIE MIT (19)).
Beschreiben Sie die antiken Vorstellungen, wie sie aus den Texten 20 – 22 hervorgehen, und stellen Sie sie den Vorstellungen unserer Zeit gegenüber. (Welche Vorstellungen hält der antike Autor offenbar für allgemein akzeptabel? Welche Einwände gibt es? Wie sehen wir das heute?)
Spielen Sie mit! (22b)
Überlegen Sie mal: Welche Ereignisse würden Sie für besonders erwähnenswert halten, wenn Sie das Wichtigste aus der Geschichte Ihres Landes oder Ihrer Stadt oder Europas darstellen sollten? Legen Sie vorher einen Zeitraum fest (z.B. 100 Jahre). Adressat könnte z.B. ein 14jähriger Amerikaner sein – oder Eutrop, der für Kaiser Valens um 370 eine kurze römische Geschichte abgefasst hat.
Aus Lektion 24
Tarquinius Priscus und sein Ende
Der folgende Text ist nicht mit Hilfen versehen. Sie sollen versuchen, sich klar zu machen, was Sie inzwischen ohne Hilfsmittel verstehen können.
Sie können dabei z. B. so verfahren:
1) Lesen Sie den Text zügig durch. Dabei unterstreichen Sie alle Namen (Personen, Länder, Städte usw.) und markieren Sie alle durch Punkt oder Semikolon (Strichpunkt) getrennten Aussagen durch senkrechten Strich, alle finiten Verben unterstreichen Sie doppelt. Das dürfte Ihnen ganz schnell gelingen.
2) Lesen Sie jetzt den Text noch einmal durch und überlegen Sie, was Sie als Textinhalt vermuten: Stellen Sie Hypothesen darüber auf, also Vermutungen, die später überprüft werden müssen.
3) Tauschen Sie sich, wenn möglich, darüber mit Ihren Mitstudierenden aus.
4) Erschließen Sie sich jetzt den mit Hilfen versehenen Text auf der nächsten Seite. Versuchen Sie dort, wo Sie eine falsche Hypothese (oder gar keine) aufgestellt haben, herauszubringen, woran das gelegen haben könnte.
5) Formulieren Sie, wenn Sie alles verstanden haben, eine Übersetzung.
Eutrop I 6
deinde rēgnum Prīscus Tarquinius accēpit. hic numerum senātōrum duplicāvit; circum Rōmae aedificāvit; lūdōs Rōmānōs īnstituit, quī ad nostram memoriam permanent. vīcit īdem etiam Sabīnōs, et nōn parum agrōrum sublātum iīsdem urbis Rōmae territōriō iūnxit, prīmusque triumphāns urbem intrāvit. mūrōs fēcit et cloācās; Capitōlium incohāvit. trīcēsimō octāvō imperiī annō per Ancī fīliōs occīsus est, rēgis eius, cui ipse successerat.
Aus Lektion 27
c) Konsequenzen für Texterschließung und Übersetzung
Welche Wege empfehlen sich?
1) Überblick verschaffen
Wegen der im Text bestehenden Vernetzung kann es sinnvoll sein, einen schriftlich vorgelegten Text erst einmal als Ganzes anzuschauen, um vielleicht zu erkennen, wie die Teile zusammenhängen, und durch das Erkennen der Textstruktur oder einzelner Teile herauszufinden, worum es in dem Text geht.
Wenn der Text sehr einfach ist und man das im Text vorausgesetzte Weltwissen hat, kommt man manchmal zu einem intuitiven Verständnis. Öfter aber wird man mit Hilfe der Textanalyse und/oder der Pendelmethode die Sätze genauer untersuchen müssen.
2) Textanalyse
Die Textanalyse beginnt mit der Abtrennung von Haupt- und Nebensätzen. Danach sucht man Prädikat und Subjekt des ersten Hauptsatzes, übersetzt diese (in vorläufiger Form) und baut anschließend alles Übrige ein. Hilfsfrage ist dabei: “Was ist noch als Ergänzung oder Erweiterung zu erwarten?” Achten Sie dabei auch auf KNG-Kongruenzen!
Beim Nebensatz übersetzt man zuerst das Prädikat des Nebensatzes mit dem Einleitungswort (siehe LP 24), dazu das Subjekt und so weiter. Wenn man alles zusammengesetzt hat, liest man den ganzen Satz noch einmal ganz langsam vom Satzanfang an durch, um so die vom Autor gewählte Reihenfolge der Teile zu erfassen.
3) Drei-Schritt-Methode oder Pendel-Methode
Diese Methode ist stärker am Inhalt des Textes orientiert; sie berücksichtigt auch von vornherein die vom Autor gewählte Verstehensrichtung: Man betrachtet zunächst den Anfang des ersten Satzes, damit man eine Vorstellung davon gewinnt, worüber im Weiteren etwas gesagt wird; denn am Satzanfang (wie auch generell am Textanfang) steht das, was der Autor zum Ausgangspunkt seiner Äußerung genommen hat. Das ist in der Regel etwas, was er beim Adressaten auf Grund des Weltwissens oder wegen der vorhergehenden Nennung als bekannt voraussetzt. Vom Satzanfang geht man zum Prädikat/finiten Verb und wieder zurück zum Satzanfang, um das Subjekt und die weiteren Satzteile zu finden. Hilfsfrage dabei ist: “Was weiß ich schon und wie könnte es weitergehen?” Achten Sie auch auf KNG-Kongruenzen! – Dadurch dass man immer wieder zum Satzanfang zurückgeht, stellt man sicher, dass man nichts übersieht und dass man die Reihenfolge der Wörter/Satzglieder beibehält, soweit es die deutschen Satzbauregeln erlauben.
4) Wenn Ihnen ein Satz zu schwer ist, lassen Sie ihn erst einmal aus.
Haben Sie alle Sätze der Reihe nach untersucht, ‘dekodiert’ (durchschaut, verstanden) und ‘rekodiert’ (auf Deutsch formuliert), überprüfen Sie als Letztes, ob Ihre Übersetzung den ganzen Text in korrektem und angemessenem Deutsch wiedergibt.
Aus Lektion 37
b) Cicero, dē officiīs III 99b
1) Schreiben Sie die lateinischen Hauptsätze heraus, schreiben Sie die deutsche Entsprechung dazu.
2) Warum kann die Wortstellung am Anfang des Textes beim Übersetzen nicht beibehalten werden?
3) Was sollte Regulus in Rom und welchen Vorteil hätte er daraus ziehen können?
4) Vergleichen Sie Ihre Lösung mit der im Lösungsschlüssel.
M. Atilius Rēgulus, cum cōnsul iterum in Āfricā ex insidiīs captus esset duce Xanthippō Lacedaemoniō, imperātōre autem patre Hannibalis Hamilcare, iūrātus missus est ad senātum, ut, nisi redditī essent Poenīs captīvī nōbilēs quīdam, redīret ipse Carthāginem.
Als Marcus Atilius Regulus (das zweite Mal Konsul) in seinem zweiten Konsulat in Afrika aus einem Hinterhalt heraus unter Führung des Spartaners Xanthippus – Oberbefehlshaber aber war Hannibals Vater Hamilcar – gefangen genommen worden war, wurde er nach Ablegung eines Eides <nach Rom> zum Senat gesandt, damit er, wenn nichtgewisse vornehme Kriegsgefangene den Puniern zurückgegeben (worden wären) würden, selbst nach Karthago zurückkehre.
is cum Rōmam vēnisset, ūtilitātis speciem vidēbat, sed eam, ut rēs dēclārat, falsam iūdicāvit; quae erat tālis: manēre in patriā, esse domuī suae cum uxōre, cum līberīs, – quam calamitātem accēpisset in bellō, commūnem fortūnae bellicae iūdicantem – tenēre cōnsulāris dignitātis gradum. quis haec negat esse ūtilia? quem cēnsēs? magnitūdō animī et fortitūdō negat.
Als er nach Rom gekommen war, sah er den (Schein des Nutzens) scheinbaren Nutzen, aber er hielt ihn, wie (die Sache) sein Verhalten zeigt, für falsch; und dieser scheinbare Vorteil war der: in der Heimat bleiben, in seinem Hause sein mit seiner Frau und seinen Kindern, – die Niederlage, die er im Krieg erlitten hatte, für etwas beim Kriegsglück Übliches haltend -, den Rang seiner Konsulwürde behalten.
Wer bestreitet, dass das nützlich ist? Wer, meinst du? Geistige Größe und Tapferkeit bestreiten es.
Aus Lektion 44
b) Catull, carmen 85
ōdī et amō. quārē id faciam, fortāsse requīris.
nesciō, sed fierī sentiō et excrucior.
requīrō (3.) fragen; fierī sentiō ich fühle, dass es gemacht wird/geschieht; excrucior ich werde gemartert/zermartere mich
Dieses Gedicht ist sehr häufig übersetzt worden, bei Eduard Mörike (1804-1875) heißt das dann so:
Hassen und lieben zugleich muß ich. Wie das? Wenn ich’s wüsste!
Aber ich fühl’s und das Herz möchte zerreißen in mir.
Wie finden Sie das? Was ist anders als bei Catull?
Die bekannteste Vertonung dürfte die von Carl Orff in seinen CATULLI CARMINA (1943) sein.
Aus Lektion 45
Frühling und Liebe
Vorausgesetzte Lernvokabeln: 1 – 44; Formenkenntnisse wie in Lektion 30, außerdem odi, novi, fieri, Deponentien, ire, Imperativ I, Futur I und II, Konjunktiv Perfekt (K.III), Gerundivum, ferre, ire
Aus den Carmina Burana, Kloster Benediktbeuern, 12. und 13. Jhdt. (Schreibweise geändert)
ecce gratum et optatum
ver reducit gaudia:
purpuratum floret pratum,
sol serenat omnia.
iam iam cedant tristia!
aestas redit, nunc recedit
hiemis saevitia.
iam liquescit et decrescit
grando, nix et cetera;
bruma fugit, et iam sugit
veris tellus ubera.
illi mens est misera,
qui nec vivit nec lascivit
sub aestatis dextera.
gloriantur et laetantur
in melle dulcedinis,
qui conantur, ut utantur
praemio Cupidinis.
simus iussu Cypridis
gloriantes et laetantes
pares esse Paridis!
ecce sieh da!;
vēr, vēris n. Frühling; redūcō (3.) zurückführen; purpurātus purpurn; flōreō (2.) blühen; prātum Wiese; serēnō (1.) heiter machen;
trīstia, ium n. <alles> Traurige;
aestās, tātis f. Sommer; recēdō (3.) zurückweichen; hiems, hiemis f. Winter; saevitia Wut;
liquēscō (3.) flüssig werden; dēcrēscō (3.) abnehmen; grandō, dinis f. Hagel; nix, nivis f. Schnee;
brūma Winterfrost; sūgō (3.) saugen;
tellūs, ūris Erde; ūber, eris n. Mutterbrust; illī jenem;
nec…nec weder… noch; lascīviō (4.) ausgelassen/lustig sein; dextera <manus> die rechte <Hand>: die Herrschaft;
laetor (1.) sich freuen;
mel, mellis n. Honig; dulcēdō, dinis f. Süße;
<iī,> quī <diejenigen,> welche; Cupīdō = Amor Liebesgott;
Cypris (Zypern: Hauptkultstätte der) Venus;
glōriantēs / laetantēs (Partizip Praesens);
Paris, Paridis (Urteil des Paris; Helena)
Lernpensum 45
a) Sprachliche Formung (III): Metrik im Mittelalter
Die mittelalterliche Lyrik arbeitet mit einem Wechsel von betonten und unbetonten Silben. Dabei spielt – wie in der späteren deutschen Dichtung – die Silbenlänge keine Rolle: Das Wissen darum ist verloren gegangen.
In dem Carmen ‘ecce gratum’ handelt es sich um Trochäen: betont – unbetont.
(Auszug aus dem Grammatikteil)
(ein Impuls aus dem Lehrerteil)